Urteile zu unzulässiger Videoüberwachung

Die Videoüberwachung ist ein aktuell wichtiges Thema des Datenschutzes und beschäftigt daher auch immer häufiger die Gerichte.
Im Folgenden stellen wir zwei Urteile vor, welche das Ergebnis von mangelhaft geprüfter oder unbedachter Videoüberwachung sind.

Urteil 1: Die uneinsichtige Kita

In diesem ersten Fall hat eine Kita an einer rechtswidrigen Videoüberwachung festgehalten, trotz eindeutiger Anordnung von Gericht und Aufsichtsbehörde sowie eines verlorenen Verfahrens.

Sachverhalt: Die hier benannte Kita befindet sich in einem Gebäude, welches weitere Wohnungen beherbergt. Eine Videoüberwachung wurde von der Kita so angebracht, dass sie auf den Innenhof des Gebäudes ausgerichtet ist, welcher ebenfalls von anderen Mietern des Hauses genutzt werden durfte und sich ein Spielplatz befindet. In diesem Innenhof hat ein Mieter (im folgenden „Kläger“) sein Auto für eine Urlaubsreise beladen. Daraufhin reichte die Kita beim Vermieter eine Beschwerde ein: der Mieter habe in ihren Augen einen Hausfriedensbruch begangen. Der hieraus resultierte Rechtsstreit hat die Videoüberwachung für rechtswidrig erachtet. Die Kita wurde zu diesem Vorfall vom Berliner Datenschutzbeauftragten bestandskräftig verwarnt. Der Betroffene Mieter und Kläger verlangte neben einer Unterlassung auch Schadenersatz, da der Innenhof – für den Kläger ebenfalls ein Rückzugsbereich – durch die Videoüberwachung für ihn nicht nutzbar war sowie Schmerzensgeld durch Überwachungsdruck und die Bezichtigung als Hausfriedensbrecher.

Höhe des Schadens: Das Gericht bejahte, dass es sich sowohl um materiellen als auch um immateriellen Schaden handelt, da der Kläger den Innenhof und Spielplatz nicht ohne Überwachungsdruck nutzen konnte, obwohl diese ihm laut Mietvertrag zustand.
Zur Schadensermittlung wurde berücksichtigt, dass trotz Abmahnung, Beschwerden des Verwalters und gerichtlichem Versäumnisurteil die Videoüberwachung fortgesetzt wurde. Es wurde mildernd berücksichtigt, dass die Videoüberwachung mit schützenswertem Kindesinteresse begründet wurde. Schlussendlich kam es beim Schadensersatz zu 2.011,52 € und beim Schmerzensgeld zu 5.000,00 € (jeweils nebst Zins) für den Kläger.

Weitere Informationen finden Sie hier:
https://openjur.de/u/2451753.html

 

Urteil 2: Mit rechtswidriger Überwachung ist nichts zu beweisen

Der zweite Fall handelt von einer Videoüberwachung innerhalb eines Arbeitsverhältnisses und einem Beweisverwertungsverbot durch rechtswidrige Datenverarbeitung.

Sachverhalt: In diesem Fall wird die Rechtmäßigkeit einer Kündigung bestritten. Hier kam die Beklagte durch interne Hinweise und Ermittlungen zu der Schlussfolgerung, dass bei mehreren Mitarbeitern – unter anderem dem Kläger – regelmäßig Arbeitszeitbetrug begangen wurde. Dies entnahm sie den Aufnahmen der Überwachungskamera, welche sich am Ein- und Ausgang befindet und den Kläger mehrfach aufgenommen hat, wie dieser vor Schichtende das Gebäude verlässt. Der Kläger wandte sich jedoch gegen die darauf folgende Kündigung und bekam vor Gericht (erste Instanz) Recht zugesprochen.

Die darauf folgende Berufung der Beklagten blieb jedoch erfolglos. Nach Gericht besteht bei den hervorgebrachten Videoaufnahmen ein Beweiswertungsverbot.

Verlässlichere und angemessenere Mittel zur Zeitüberprüfung sind laut Gericht eine Anwesenheitserfassung durch Vorgesetzte oder eine technische Einrichtung wie Stempelkarten – demnach steht eine Videoüberwachung außerhalb jeder Erforderlichkeit und Angemessenheit.

Zudem greift die Beklagte auf Videomaterial von vor mitunter einem Jahr zurück, welches zusätzlich ein offenkundiger Verstoß gegen die Grundsätze der Speicherbegrenzung und Datenminimierung ist. Die Videoüberwachung greife sachlich und zeitlich ebenfalls in die Persönlichkeitsrechte des Klägers ein.

Mögliche Folgen rechtswidriger Videoüberwachung: Das Thema der Videoüberwachung ist im privaten wie auch gewerblichen Bereich ein sensibles Thema. Verantwortliche Stellen sind angehalten, neue und bestehende Videoüberwachungsanlagen rechtlich zu prüfen. Wie in unseren Urteilen bereits beschrieben, drohen nicht nur Bußgelder der Aufsichtsbehörde, sondern möglicherweise auch Schadenersatzforderungen von Betroffenen.

Inwieweit Schmerzensgeldansprüche im Rahmen einer DSGVO-Verletzung relevant sein können ist noch nicht genau durch die EuGH geklärt.

Demnach besteht das Risiko, dass auch weitere Gerichte der Ansicht folgen, dass dem Anspruch gem. Art. 82 DSGVO auch Abschreckungswirkung zukommen soll.

Durch das Urteil der LAG Niedersachsen ließ sich erkennen, dass die Prüfung eines Beweisverwertungsgebots schnell abgehandelt wird. Daher wird bei einem Beweisverwertungsverbot in Folge einer rechtswidrigen Datenerhebung diese nahezu als indiziert angesehen. Das Verbot kann ebenfalls nicht durch die Ladung von Zeugen umgangen werden, welche die Aufnahmen eingesehen haben.

Weitere Informationen finden Sie hier:
https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/c5b6b798-60e2-479a-8848-300e317e930f